Der person- oder klientenzentrierte Ansatz wurde durch den amerikanischen Psychologen Carl Ransom Rogers (1902 – 1987) begründet und ist dem humanistischen Gedankengut zuzuordnen. Rogers fand heraus, dass nicht die therapeutische Technik, sondern in erster Linie die Beziehung zwischen Klient und Therapeut eine zentrale Rolle spielt im Hinblick auf einen erfolgreichen Therapieverlauf. Er mass der Ich-Du-Beziehung einen grossen Stellenwert zu und war bereit, sich und sein Erleben (Empfindungen, Emotionen etc.) in das therapeutische Setting mit einzubeziehen und sich somit dem Klienten mit seiner eigenen Person zur Verfügung zu stellen (person to person).
Die person- oder klientenzentrierte Therapie nach Rogers ist nicht problemlösungsorientiert. Sie stellt das aktuelle Erleben im Hier und Jetzt und das persönliche Wachstum des Einzelnen ins Zentrum der therapeutischen Arbeit (nicht-direktive Beratung). Innerhalb eines schützenden, sicheren und Geborgenheit vermittelnden Rahmens soll für den Klienten ein Klima geschaffen werden, in dem ihm eigene Entdeckungen und Erfahrungen und damit verbunden Entwicklungsschritte ermöglicht werden können. Rogers vertraute darauf, dass “jedes Individuum in sich selbst ausgedehnte Ressourcen dafür vorfindet, sich selbst zu verstehen und seine Lebens- und Verhaltensweise konstruktiv zu ändern (aktualisierende Tendenz)” (Rogers/Schmid, 1991). Als fördernd hierfür wurden die drei Grundvariablen Empathie, Akzeptanz sowie Kongruenz erachtet. Der person- oder klientenzentrierte Ansatz kommt in den vielfältigsten Bereichen, z. B. Psychologie, Pädagogik, Beratung, psychosozialen Berufsfeldern und Seelsorge, zur Anwendung.
Die therapeutische Praxis kommt mehr und mehr dazu, rein verbale Methoden mit neuen Ansätzen zu kombinieren, die sich am Erleben und am Körper orientieren. Diese veränderte Sichtweise basiert auf der Erkenntnis, dass “das Wesen des Menschen, sein innerstes Selbst, im Körper verankert ist und dass psychologische Probleme nur mit begrenztem Erfolg angegangen werden können, wenn der Körper nicht mit einbezogen wird” (Rosenberg, 1996). Im “Pschyrembel” wird “Körpertherapie” als “Sammelbezeichnung für verschiedene alternative Heilverfahren, deren gemeinsames Merkmal es ist, durch intensive Beschäftigung mit körperlichen Funktionen (Körperhaltung, Atmung, Bewegung etc.) Selbstheilungstendenzen des Körpers zu fördern und so Gesundungsprozesse zu stützen,” bezeichnet.
Im Zusammenhang mit dem Pferd ist unter “Körperarbeit” in der Regel die Arbeit am Pferdekörper gemeint (berühren, bewegen, massieren). KlientInnen, die sich in dieser Form mit dem Pferd beschäftigen, können so nicht nur die Bedürfnisse des Tieres besser kennenlernen, sondern erhalten gleichzeitig auch Zugang zu ihrem eigenen körperlichen und emotionalen Erleben.“Körperarbeit” aus meiner Sicht bezieht sich aber auch und vor allem auf eine indirekte (über den Kontakt und die Beziehung zum Pferd verstandene) Form der Beschäftigung mit dem eigenen Körper, welche durch verbale körperbezogene Interventionen seitens des Reittherapeuten noch gefördert und vertieft werden kann.
Rogers war der Meinung, dass nicht nur dem Gespräch, sondern auch erlebten Empfindungen und körperlichem Fühlen ein wichtiger Stellenwert im Miteinander-in-Kontakt-Sein zukommt. Diese Sichtweise kann auch auf das Dreiersetting KlientIn-Pferd-ReittherapeutIn übertragen werden: Wenn zwei Individuen, z.B. Klient und Pferd, in irgendeiner Form miteinander in Kontakt treten, entsteht ein "Beziehungsfeld", das neben der Sprach- und Handlungsebene auch Wahrnehmung, emotionales sowie körperliche Erleben und Fühlen mit einbezieht.Obwohl das "Beziehungswesen" (Individuum) als solches immer individuell und unverwechselbar bleibt, verändert es sich dennoch im Rahmen der jeweiligen Interaktion - weil das Verhalten des anderen etwas bei ihm auslöst oder sogar verändert - prozesshaft von Moment zu Moment. Hier kann nun eine Bewegung vom Ich zum Du entstehen. In der Reittherapie lässt sich dieses "Beziehungsfeld" zudem durch die Beteiligung eines Dritten (Reittherapeut) noch verschieden ausrichten (wechselweises Zuwenden der zweiten Person, dem Pferd oder beiden gegenüber). Dadurch entsteht ein in Bewegung begriffenes "Beziehungsgefüge", das als "neues Ganzes" agieren und sich somit situationsadäquat verändern muss (jeder bezieht sich und reagiert als Teil von etwas auf den anderen). Was hier entsteht, ist also so etwas wie ein "lebendiger Organismus", der "kollektiv" ausgerichtet ist und handelt. Im Rahmen der so entstehenden Dynamik und Interaktion dürften sich ideale Voraussetzungen dafür ergeben, dass angestrebte Entfaltungs- und Entwicklungsprozesse möglich werden, sich Festgefahrenes verändern und in anderer Form wiederum neu konstellieren kann.